Gott zwischen Kinderwindeln und Futtertrog entdeckt
Wenn ein Vater mit seinem Kind spielt oder wenn er es tröstet, bleibt er nicht in seiner vollen Grösse vor dem Kind stehen. Er geht in die Knie, macht sich klein, begibt sich in die Lage des Kindes, ist Auge in Auge mit ihm und nimmt seinen Horizont an. Er vergisst seine Sprache und spricht die Worte, die das Kind schon versteht. Gott geht in die Knie, er lebt das Leben aus unserer Perspektive, spricht die Sprache unseres Stammelns.
Jesus, der kleine König, hat nicht einmal eine Stelle, an der er mit Anstand geboren werden kann. Der kleine König wird versteckt und heimlich ausser Landes gebracht, die Macht trachtet ihm nach dem Leben. Er ist nicht einmal einzigartig in seinem Leiden. Er ist nicht der erste Flüchtling, und er wird nicht der letzte sein. Was ihm zustösst, ist Menschen vor ihm zugestossen und wird Menschen nach ihm zustossen.
Der kleine König hat seine Insignien und Zeichen, an denen man ihn erkennt. So wird es den Hirten gesagt: «Und das sei euch ein Zeichen: Ihr werdet ein Kind finden, in Windeln gewickelt und in einer Krippe liegend.» Lächerliche Würdezeichen: Kinderwindeln und ein Futtertrog! Wenn sich einer eine blasphemische Verhöhnung von Glanz und Herrlichkeit Gottes ausdenken wollte, könnte er es nicht besser und ironischer tun, als Gott es in der Weihnachtsgeschichte selber getan hat.
Es ist ein fremder und zärtlicher Gedanke, dass unser Leben und dass die Welt nicht gerettet werden durch die Macht des Mächtigen. Die Liebe, die sich gleichmacht mit dem Geliebten, ist die erlösende Kraft.
Fulbert Steffensky, Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Autors
Hinweis: Die biblischen Weihnachtserzählungen finden sich im Lukasevangelium und im Matthäusevangelium. Es sind einfache und kraftvolle Erzählungen. Von Menschen, die unterwegs sind, freiwillig oder unfreiwillig. Von Gott, der zu den Menschen kommt. Aber auch von Armut und Bedrohung. Von Engeln. Von Frieden und Freude.