Das Maria-Marta-Prinzip
Die Geschichte von Maria und Marta, die im Lukasevangelium erzählt wird, zeigt zwei Formen, wie man (oder frau) «Gottesdienst» betreiben kann. Marta kümmert sich um das leibliche Wohl ihres Gasts Jesus, sie wird tätig für die Gemeinschaft. Maria hingegen setzt sich Jesus zu Füsse, sie nimmt sich Zeit zum Hören und zum Stillsein. Beide Formen gehören zum gelebten Glauben, sie dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Vielleicht bin ich von meinem Naturell oder meiner Lebensphase her eher wie Maria, die ein offenes Ohr hat, für Gott, für Menschen? Oder doch eher wie Marta, deren Fokus der praktische Dienst für ihre Mitmenschen ist? Die Lebensregel des Benedikt von Nursia besagt: «Bete und arbeite». Es braucht beides.
Wie schaffe ich mir als Mutter, als Vater im Familienalltag Momente des Gebets und der Einkehr? Dazu lässt sich z.B. den Weg zur Arbeit nutzen, im Zug, auf dem Velo, im Auto. Wie unterstütze ich andere? Da bieten sich im Familienalltag viele Gelegenheiten.
Der Gottesdienst ist die Einladung, mit anderen am Tisch Platz zu nehmen, um Gott als gemeinsamen Gastgeber zu erleben und sich als Tischnachbarn zu begegnen. Hier vermischen sich Alleinsein vor Gott und Gemeinschaft mit anderen Christ*innen auf wundersame Weise miteinander.
Den Anteil an persönlichem Gebet und Dienst an der Gemeinschaft muss jede und jeder für sich finden. Einige beten bevorzugt im stillen Kämmerlein, andere nutzen das Tischgebet mit der Familie oder das Abend-Ritual mit den Kindern vor dem Einschlafen, andere besuchen gerne Familiengottesdienste. Manchmal ist es gut, für sich die Stille zu finden, ein anderes Mal lassen wir uns lieber tragen von Texten, Gesängen und festen Ritualen, die uns Halt und Gemeinschaft erfahren lassen. Jesus sagt, dass Maria «das Bessere» gewählt hat. Eine Einladung, die Stille und Einkehr vor Gott nicht zu vergessen.
Caroline Giovine