Story: Mein Leben wurde auf den Kopf gestellt
Als ich Vater wurde, änderte sich vieles. Das Baby hat mein Leben auf den Kopf gestellt. Oder doch eher auf die Füsse?
Wenn ich nachts jeweils dasass, das Kind auf dem Schoss – schreiend –, Erbrochenes auf mir und dem Bett, wissend, dass morgen ein wichtiger Termin ansteht, überkamen mich zuweilen leise Zweifel an meinem Lebensentwurf. Ein Leben ohne Kind – dachte ich mir – wäre schon leichter. Aber trotz aller Schwierigkeiten ist mir klar: Ein Leben ohne dieses Kind auf dem Schoss ist trotz halb verdauter Spaghetti auf meinem Pyjama unvorstellbar!
Die Geburt meiner Tochter hat mein Leben auf den Kopf gestellt. Gewarnt wurde ich schon. Immer wieder hiess es, ein Kind verändere das eigene Leben komplett. Was das aber tatsächlich bedeutet, erfuhr ich erst, als es soweit war.
Die grössten Schwierigkeiten bereitete mir der gefühlte Verlust von Freiheit. Von einem Tag auf den anderen war ich nicht mehr Herr über mein Leben und meine Agenda. Jemand anderes gab nun den Takt vor. Arbeiten, Sport, Treffen mit Freunden: alles muss abgesprochen werden, denn die Kinderbetreuung muss gesichert sein. Da ist wenig Raum für Spontanität, alles ist logistisch aufwendiger. Die Freizeit wurde von nun an danach gestaltet, wie «Kind-kompatibel» sie ist. Was wir Eltern wollen, ist zweitrangig.
Umso wichtiger ist es, sich in der Partnerschaft Freiheiten zu gönnen und zu ermöglichen. Dass der oder die andere auch mal etwas alleine machen kann. Dazu braucht es gegenseitiges Vertrauen und Unterstützung. Das heisst, dass man sich nicht die vollen Windeln vorrechnet, sondern einspringt, wenn die Partnerin sagt, sie könne nicht. So oder so: der Weg zu einer glücklichen Vaterschaft führt über eine glückliche Partnerschaft.
Vater zu werden, ist für mich die wichtigste und schönste Erfahrung im Leben. Nie habe ich mehr über mich selbst gelernt. Nie habe ich intensivere Gefühle erlebt. Nichts auf der
Welt kann mich mehr auf die Palme bringen als meine Tochter, aber wenn sie «giggelet», ist alles Schwierige vergessen und das Staunen über dieses wunderbare Wesen kehrt zurück.
Matthias, Vater einer Tochter